Pflegestufe posthum & Co.: Der Kampf Betroffener um Hilfsmittel geht weiter

Als sei die Belastung häuslichen Pflegealltags noch nicht Kraftakt genug: Geht es um Pflege, Pflegehilfsmittel und Pflegebetten, erleben nicht wenige Betroffene schier Unglaubliches im Institutionsdschungel von Ämtern, Kranken- und Pflegekassen. Beginnend bei der Gesetzeslage, die sich als erste (Begriffs-)Hürde erweist: Handelt es sich bei dem dringend Benötigten um ein "Hilfsmittel" oder um ein " Pflegehilfsmittel"? Ein Pflegebett beispielsweise kann sowohl Hilfsmittel als auch Pflegehilfsmittel sein. Zwar muss stets ein Arzt die Erforderlichkeit bescheinigen, aber während die Krankenkasse über Hilfsmittel entscheidet, sind Pflegehilfsmittel Sache der Pflegekasse. Verwirrend!

Hilfsmittel sieben Mal abgelehnt

So muss ein Hilfsmittel in unmittelbarem Zusammenhang mit Behandlung oder Verhütung einer Krankheit stehen. Zusätzlich hat der Versicherte bei der Kasse zu erfragen, mit welchem Hilfsmittellieferanten (ein oder mehrere Sanitätshäuser) Verträge bestehen. Nach Aufforderung einer dieser Vertragspartner zum Kostenvoranschlag prüft die Kasse diesen, bevor sie einer Kostenübernahme zusagt. Oder absagt, wie im Fall von Yvonne Hammerath (43) aus Mürlenbach/Vulkaneifel, die nach einem Herzinfarkt mit Kreislaufstillstand seit Oktober 2013 im Wachkoma liegt, durch ihren Ehemann aufopfernd rund um die Uhr gepflegt. Ralf Hammerath, vertraut mit Ernährungssonde, Absauggerät, Pflegebett, Pflegerollstuhl und anderen Hilfsmitteln, muss fortlaufend um diese kämpfen. Schon Hammeraths Wunsch, seine Ehefrau nach Reha und Pflegeheim im Februar 2014 nach Hause zu holen, traf auf Widerstände, ebenso wie die Anstrengungen, einen Deckenlifter für die Badewanne zu erhalten. Ganze sieben Mal wurde die Kostenübernahme - gute viertausend Euro - abgelehnt. Glücklicherweise solidarisierten sich die Schichtkollegen des Maschinenführers, sammelten Spenden und bauten den Lifter in einer einzigen Woche einfach selbst. Als Geschenk an einen Mann, der neben der Pflege an drei Arbeitstagen von Samstag bis Montag eine 36-Stunden-Woche stemmt.

Hilfe-Hilfsmittelversorgung

AOK: Schreiben an Verstorbene

Erfolgreich, wenn auch spät, war Roland Münz aufreibende Tour durch die Instanzen. Der Gehmener, der seine seit 2006 gegen den Krebs kämpfende Ehefrau bis zu deren Tod am 30.4.2015 pflegte, fühlte sich jahrelang durch Krankenkasse und Einrichtungen des Gesundheitswesens im Stich gelassen. Jetzt zahlt die AOK die 1225 Euro für Ernährungspumpe und Spezialnahrung, für die Münz seit Februar 2015 gestritten hatte. Denn im Februar entließ man Angela Münz palliativ, d. h. zum Sterben nach Hause. Nach Aussage der Ärzte sollten die nötigen Hilfsmittel nach drei Tagen eintreffen. Aber das Pflegebett wurde nicht geliefert, sondern sogar abgelehnt. Begründung der Pflegekasse: Laut letztem Pflegegutachten erfolge die Pflege nicht vorrangig im Bett. Das Schreiben, gerichtet an Frau Münz persönlich, war fünf Tage nach deren Tod datiert, und noch Mitte Juni adressierte die AOK die Eingangsbestätigung des Widerspruchs gegen die Kostenübernahme für das lebenswichtige Ernährungsgerät an die verstorbene Ehefrau. Doch nicht genug des Irrsinns, setzte der Medizinische Dienst noch Wochen nach Frau Münz Ableben einen Begutachtungstermin an. Nach den Gründen gefragt, äußerte sich der zuständige AOK-Pressesprecher Andreas Arnsfeld, die Kasse habe erst am 9. Mai vom deren Tod erfahren, der Antrag auf Pflegebett und weitere Hilfsmittel sei erst am 4. Mai eingegangen. Da Frau Münz bis dato nur Pflegestufe 1 besaß, sei ein Pflegebett nicht zwingend zu genehmigen gewesen. Aber man habe den Ausgang des Begutachtungstermins vom 20. Mai abwarten wollen, der über den Wechsel in Pflegestufe 3 befinden sollte.

Operation gelungen, Patient tot: Pflegestufe posthum

Also wurde Angela Münz Pflegestufe 3 posthum genehmigt - auf Roland Münz Widerspruch hin. Warum die AOK ihre Schreiben allerdings an die Verstorbene persönlich adressierte, konnte ihr Pressesprecher nicht beantworten. Zumindest übernimmt die AOK nun alle verbliebenen Folgekosten, die Herr Münz noch zu tragen hat. Ein Kampf, der Spuren hinterlässt: Wie Roland Münz sind pflegende Angehörige, oft selbst höheren Alters oder nicht kerngesund, physisch wie psychisch am Ende ihrer Kräfte. Wo bleibt die Menschlichkeit? Eine konstruktive Antwort auf die Frage, wie sich die komplizierten Mechanismen eines inhumanen Apparates im Sinne der Betroffenen entzerren lassen, steht mehr als dringend aus.

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HMM Sven Oppel
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