Pflegebett - Geschichte

Pflegebett

Nur ein Bett, das den spezifischen Bedürfnissen von Menschen, die an bestimmten Erkrankungen leiden oder bestimmte Behinderungen ausgleichen müssen, gerecht wird, verdient die Bezeichnung Pflegebett. Pflegebetten kommen sowohl in der häuslichen Pflege (Home Care) als auch in der stationären Pflege (Altenheim, Pflegeheim) zum Einsatz.

Inhalt

1. Geschichte
2. Gründe, Pflegebetten zu entwickeln
3. Grundsätzlicher Aufbau
4. Ziele von Pflegebetten
5. Vorgaben für Pflegebetten
6. Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse (Deutschland)
7. Abgrenzung zu anderen Konstruktionsformen
8. Erläuterung sonstiger gängiger Begriffe
9. Einzelnachweise

Geschichte

Die Geschichte des Pflegebettes begann in der Antike - als einfach konstruiertes Holzgestell mit robuster Brettunterlage plus Strohmatratze. Ursprünglich war das Pflegebett ein mit Stroh oder Heu bestückter, erhöht stehender Holzkasten - für Bodenfeuchte und Ungeziefer unerreichbar.1) Bedurften Hospital-Patienten einer speziellen Art der Lagerung, setzte man zum Erreichen der Wunschposition stabilisierende Decken und Kissen ein. Im 19. Jahrhundert entwickelte man seilgeführte Konstruktionen, die die spezifische Lagerung einzelner Gliedmaßen wie Beine oder Arme zielgenauer ermöglichten.

Neue Matratzentypen ersetzten die Strohmatratzen. Unter dem Einfluss von Persönlichkeiten wie Florence Nightingale, der Fortentwicklung der Kriegslazarette sowie der Reform stationärer Hospitalpflege ging man daran, spezielle, weil bedarfsgerechte Betten für Kranke und Behinderte zu entwickeln.

Das 20. Jahrhundert erkannte zunehmend die Bedeutung ergonomisch sinnvoller Arbeitskonzepte, nicht zuletzt in der Pflege. Gleichzeitig wurden die Methoden therapeutisch und ergonomisch sinnvoller Lagerung weiterentwickelt. Manuell verstellbare Bettsysteme wurden durch elektronische ergänzt bzw. abgelöst, wobei der Schwerpunkt auf der technologischen Weiterentwicklung von Krankenhausbetten lag. Technische Neuerungen, von denen Pflegebetten stets mit gewisser Verzögerung profitierten.

Gründe, Pflegebetten zu entwickeln

In der Vergangenheit wurde bei handelsüblichen Betten auf wohnliches Design und Bequemlichkeit abgestellt, nicht selten Komfort mit weichem Liegen gleichgesetzt. Kranke und Behinderte dagegen wurden mit einfachen, harten Liegen versorgt. Erst mit der Erkenntnis, dass bedarfsgerechte Lagerung und erholsamer Schlaf die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten erhöht sowie die Regeneration beschleunigt, nahmen erste Bettsysteme mit größerem Funktionsspektrum Gestalt an.

Dank der Innovation des winkelverstellbaren Rückenteils war es nun möglich, den Kranken ohne Zuhilfenahme von Lagerungshilfen wie Kissen oder Decken auch halbsitzend vergleichsweise stabil zu lagern, etwa um das Einnehmen von Mahlzeiten bzw. das Essengeben im Bett zu erleichtern. Weitere schmerzreduzierende und therapieunterstützende Lagerungspositionen ließen sich jetzt realisieren.

Durch weitere Teilung der Liegefläche ließen sich deren Einzelelemente in verschiedenen Winkeln einstellen, was wiederum neue Formen therapeutischer Lagerung ermöglichte. Entscheidender Vorteil fester Neigungswinkel: Anders als bei der Lagerung durch Lagerungshilfen wie Kissen verbleibt der Patient auch bei unbewusster Eigenbewegung in der gewünschten Lagerungsposition.

Die Entwicklung höhenverstellbarer Liegeflächen schließlich trug den ergonomischen Aspekten pflegerischer Tätigkeit wie folgt Rechnung:

- Liegeflächen können zum einfacheren Ein- und Ausstieg abgesenkt bzw. hochgefahren werden
- während der Pflege lässt sich die Liegefläche auf so genannte Arbeitshöhe - 80 cm Matratzenoberkante - fahren

Heute offiziell zugelassene Pflegebetten erfüllen die folgenden Anforderungen:

- werden höchsten Hygieneansprüchen gerecht
- zeichnen sich durch robuste, langfristige Belastbarkeit aus
- verwendete Materialien überzeugen mit der Effizienz geringen Reinigungsaufwands
- halten Belastungen durch hohes Patientengewicht und zahlreiche Bewegungszyklen stand, ohne auszufallen
- sind regelmäßiger, gesetzlich vorgeschriebener Wartung ( für Heime, Kiniken und Betreiber ) zugänglich

Von 1999 bis 2002 führte in einer Reihe von Fällen unsachgemäße Pflege im Verbund mit Defiziten der Elektrikkonstruktion zu Kurzschlüssen und infolgedessen zu Bränden. Entsprechend erhöhte man die Anforderungen an den Feuchtigkeitsschutz der Pflegebett-Elektrik. Zugelassene Pflegebetten unterliegen der Sicherheitsnorm für Krankenhausbetten EN 60601-2-52. Dazu zählen auch ein Kabel-Überrollschutz sowie ein Antriebssystem der Feuchtigkeitsschutzklasse IPX 4.2)

Ihre Weiterentwicklung konzentrierte sich in der jüngsten Vergangenheit vor allem auf diese Aspekte:

1. Die differenzierte, erweiterte Ausstattung zahlreiche Einzelfunktionen wie Komfort bei der Handhabung der Steuerung, auch per Spracheingabe, per Infratrotfernbedienung und mit der Option, immer mehr Einzelsegmente eines Lattenrostes gezielt anzusprechen
2. Die Entwicklung wohnlicher Designs für den privaten Homecare-Bereich, die sich von einem klassischen Bett optisch nicht unterscheiden, aber trotzdem alle Voraussetzung der Kostenübernahme durch Krankenkasse erfüllen, zu erhalten im Sanitätsfachhandel wie HMMso Seniorenbett
3. Ausstattungsvereinfachung und bezahlbare, aber langlebige Materialqualität, die auf Kostensenkungswünsche der Kassen reagiert
4. Schnelle, unkomplizierte Montage und Demontage, um Einsatzflexibilität und niedrige Wiedereinsatzkosten zu gewährleisten

Grundsätzlicher Aufbau

Das Pflegebett besteht aus Gestell und Bettrahmen Lattenrost. Dieser ermöglicht ein Hochlagern von Beinen, Rücken etc. und die Höhenverstellung der Liegefläche bei 65 cm Mindesthöhe. Außerdem ist das Pflegebett mit feststellbaren Rollen (Mindestdurchmesser 10 cm) ausgestattet.3)

Sonderausstattung bzw. Zubehör umfassen beispielsweise:

- Aufrichthilfe mit Triangelgriff (Bettgalgen), Strickleitergriffe
- Liegefläche in der Gesamtheit winkelverstellbar für medizinische Lagerung (etwa Herzlage)
- Seitengitter, verhindern ein Herausfallen; Gitter gegen den Patientenwillen einzusetzen, erfüllt den Tatbestand der Freiheitsberaubung 
- Fixierungsvorrichtungen zum Sichern unruhige Patienten (Gerichtsbeschluss notwendig)
- Infusionshalter
- Lagerungshilfen
- Bettglocke (Rufanlage)
- Fußstützen
- Nachttisch 

Matratzen für Pflegebetten unterliegen keinen festen Vorgaben. Allerdings erfordern bestimmte Krankheitsbilder Spezialmatratzen, wie Antidekubitus-Matratzen bei bzw. zur Prävention von Druckgeschwüren oder zur Entlastung der Wirbelsäule.4) Ist die Matratze von einem abnehmbarem Bezug umhüllt, muss dieser im Krankenhausbereich hohen Temperaturen von Reinigung und Sterilisation standhalten.

Ziele von Pflegebetten

1. Menschen so komfortabel lagern, dass Ruhen und Schafen erholsam möglich sind
2. Menschen flexibel-elastisch lagern, so dass sich das Pflegebett an Körperform, Körpermaße und Körpergewicht sowie an die Erkrankung anpasst
3. Optionen von Lagerung und Bewegung realisieren, die den Patienten entlasten, aber auch die Durchführung von Therapiemaßnahmen an Ort und Stelle ermöglichen
4. Bei Pflegekräften und Angehörigen für ergonomisch sinnvolle Arbeitsabläufe (beim Waschen oder Essen geben) sorgen.
5. Die speziellen Hygienemaßgaben der Pflege erfüllen.

Vorgaben für Pflegebetten

Entwicklung, Konstruktion, Produktion und Vertrieb unterliegen folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

1. Medizinprodukte-Gesetz (MPG) (Deutschland)
2. 93/42 EWG (Richtlinie für Medizinprodukte)
3. 89/336 EWG (elektromagnetische Verträglichkeit) 
4. EN 1441 Risikoanalyse Medizinprodukte (vgl. Risikomanagement)
5. EN 1970
6. DIN EN 60601-1 für medizinische elektrische Geräte
7. DIN EN 60601-2-38 + A1
8. DIN EN 60601-2-52 (ersetzt EN 1970 und DIN EN 60601-2-38)

Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland

Bei entsprechender Indikation (Pflege notwendig durch Bettlägerigkeit, Bedarf an spezieller Lagerung etc.), stellen gesetzliche Krankenkassen ein Pflegebett zur Verfügung. Nur Bettsysteme, die nach Sozialgesetzbuch SGB V, Stichwort Krankenversicherung bzw. Sozialgesetzbuch SGB XI, Stichwort Pflegeversicherung in Hilfsmittelverzeichnis bzw. Pflegehilfsmittelverzeichnis gelistet sind, sind eine Kassenleistung und finden sich unter den Nummernkreisen:

1. SGB V: 19.40.01.0001 bis 19.40.01.3999 - hier finden sich Bettsysteme mit nur manueller Verstellung bis zu umfänglich elektrischer Verstellung
2. SGB XI: 50.45.01.0001 bis 50.45.01.2999 - hier finden sich Bettsysteme mit nur manueller Verstellung bis zu umfänglich elektrischer Verstellung, dazu Pflegebetten für Kleinwüchsige und Kinder

Nur Pflegebetten, deren Belastbarkeit, Langlebigkeit sowie baulich-konstruktive Sicherheit strenge Freigabeverfahren erfolgreich durchlaufen, werden in Hilfsmittelverzeichnissen gelistet. Kriterien, deren Einhaltung durch unabhängige Institute kontrolliert wird. Ein Bett, das nicht gelistet ist, bedarf der Einzelfreigabe durch die - gesetzliche oder private - Krankenversicherung.

Abgrenzung zu anderen Konstruktionsformen

Aufstehbett

Bietet alle Pflegebett Grundfunktionen, verfügt aber zusätzlich über Drehfunktion, um den Patienten aus der Liege- in die Sitzposition zu fahren. Die durch Rücken- und Seitenlehnen unterstützte Sitzposition ermöglicht Aktivitäten wie das Einnehmen von Mahlzeiten und unterstützt das Aufstehen.

Einsatzbereiche von Aufstehbetten:

- erhalten bzw. stärken der Selbstständigkeit (nach Schlaganfall etc.)
- Unterstützung von Atmung, Kreislauf und Darmtätigkeit bei längerer Bettlägerigkeit
- motorisch-funktionale Unterstützung aktiver und passiver Mobilisation

Einlegerahmen

Bietet alle Pflegebett Grundfunktionen. Das System von Einlegerahmen bzw. Hebepflegerahmen macht es möglich, einen herkömmlichen Bettrahmen (Einzelbett oder Doppelbett) multifunktional nachzurüsten, indem man den herkömmlichen Lattenrost gegen einen elektromotorischen tauscht.

Krankenhausbett

Bietet alle Pflegebett Grundfunktionen. Darüber hinaus stellt das Krankenhausumfeld gesteigerte Anforderungen an Hygiene, Robustheit und Langlebigkeit. Häufig wiedereingesetzt, lassen sich Krankenbetten leicht und zügig reinigen. Außerdem ist das Krankenhausbett mit Vorrichtungen wie Infusionshalterungen oder Anschlüssen für die Intensiv-Medizin ausgerüstet. Das Krankenbett ist fahrfähig und verfügt dazu über Gleitrollen zur Positionsveränderung inklusive Wandabstandshaltern (Stoßschutz). 

Seitenlagerungsbett

Bietet alle Pflegebett Grundfunktionen. Darüber hinaus lässt sich das Seitenlagerungsbett über die Längsachse drehen/anwinkeln. Bestimmte Liegeflächen-Konstruktionen wiederum ermöglichen ein Anwinkeln mehrerer Längssegmente - insgesamt oder jeweils separat. Ein flexibles Ändern des Winkels reduziert die Druckbelastung bestimmter Körperzonen, so dass die Auflagefläche variiert. Zeitlich gesteuert, lassen sich Umlagerungen regelmäßig durchführen. Im Ergebnis bewirkt dies einen einer Wechseldruckmatratze vergleichbaren Dekubitusschutz, aber bei verbessertem Liegeempfinden.

Stehbett 

Bietet alle Pflegebett Grundfunktionen. Darüber hinaus bringt ein Stehbett den Patienten über die Vertikale passiv in die Stehposition. Stehbetten eignen sich für das wahrnehmungsfördernde Stehtraining bei Lähmungen (Paraplegiker, Tetraplegiker), unterstützen Kreislauf, Atmung und Darmtätigkeit, entlasten den Rücken und verhindern Muskelkontrakturen. War es bislang nicht möglich, die Stehfunktion in unfixierter Lage (unangeschnallt) anzusteuern, möchten innovative Stehbett-Konzepte dies ändern, was Stehbetten funktional um eine wirksame Hilfe zur Selbstständigkeit erweitern soll.

Erläuterung sonstiger gängiger Begriffe

Sanitätshausbett

Meint das über ein Sanitätshaus wie HMMso Seniorenbett vertriebene Pflegebett. www.seniorenbett.org

Seniorenbett

Meint im Alltagssprachgebrauch auch das Pflegebett. Sanitätsfachhandel wie HMMso Seniorenbett und Bettenfachhandel verstehen darunter jedoch ein herkömmliches Bett mit erhöhter Liegefläche/seniorengerechter Einstiegshöhe (Matratzenoberkante ab 50 cm). Eine erhöhte Liegefläche ermöglicht eine Sitzposition bzw. Beinposition, die ein dynamisches Aufstehen erlaubt. Statt den Körper unter Kraftaufwand aufzurichten, gleiten Senioren hier quasi in den Stand.

Einzelnachweise

1. Pflegewiki Bett (Link: http://www.pflegewiki.de/wiki/Bett). 24.10.2013. Abgerufen 28.08.2015.
2. Sicherheitsrisiken von Pflegebetten nach einer MPG- Information des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW vom 23.05.2001. Abgerufen 28.08.2015 
3. Pflegebetten: Aufbau und Ausstattung. von HMMso, Abgerufen 28.08.2015 
 

Haftungshinweis: Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Inhalte. Um genaueres zu erfahren sprechen Sie mit Ihrer Pflegekasse, Krankenkasse oder der entsprechenden Behörde.

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  • Toll!

    Einfach super geschrieben und klärt alle möglichen Fragen zum Thema Pflegebett. Ich selbst arbeite in der Pflege, bin wirklich begeistert von diesem Blog. Danke dafür.

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